41. Oldtimermeeting Baden-Baden

Beinahe 15 Mal bin ich schon auf dieser Veranstaltung gewesen und habe mich an den unzähligen alten und uralten Fahrzeugen erfreut, habe mittlerweile tausende und abertausende von Fotos geschossen und jedes Mal irgend etwas etwas Neues entdeckt. Zum Beispiel fiel mir anlässlich eines meiner Besuche auf, das etliche Autos aus der Zeit des Wirtschaftswunders am Armaturenbrett ein kleines Väschen montiert hatten, in das man stets frische Blumen steckte, die man vielleicht während eines Spaziergangs im Grünen auf einer Wiese gefunden hatte. Dann, bei einem anderen Treffen sah ich das erste Mal ein schickes Auto mit einem sogenannten Wirbulator, der die Verschmutzung der Windschutzscheiben bei schneller Autobahnfahrt verhindern sollte und sogar den Aufprall von Regentropfen und somit die Scheibenwischer und damit den Geldbeutel des Autobesitzers schonen sollte.

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Hochherrschaftlicher Rolls Royce; Foto: A. Ohlmeyer

Ein anderes Mal sah ich ein Fahrzeug mit einer aufmontierten Sonnenschute über der Windschutzscheibe, oder oder angebaute “Klimaanlagen, die durch den Fahrtwind angetrieben und an der Fahrertür am teilweise geöffneten Fenster montiert, für Frischluft im Fahrzeug sorgen sollten! Wer weiss schon ob´s tatsächlich funktionierte? Ich nicht, aber ist ja auch egal. Es sieht schick aus. Die letzten Jahre gab es auch immer mehr Zubehör zu sehen, zeitgenössisches Zubehör, versteht sich. Originale Öldosen zum Beispiel, teilweise recht patiniert, Werkzeugkoffer, Dachgepäckträger (am liebsten mit originalen Koffern, Skiern und Skistöcken). Daneben Wohnwagen, restauriert oder im Originalzustand, Kofferradios, Grammophone, alte Zeitungen und Zeitschriften und was sonst noch alles.

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Ein Teil des noblen Blechs brauchte sich nicht der Mühe zu unterziehen, auf eigener Achse zum Meeting nach Baden-Baden zu reisen – ein kräftiger Range Rover mit Trailer erledigte die Anfahrt aus der Schweiz; Foto: A. Ohlmeyer

Deswegen freute ich mich schon seit einem guten halben Jahr auf die diesjährige Ausgabe des Oldtimermeetings. Leider wurden meine Frau und ich ziemlich enttäuscht. Standen in den vergangenen Jahren die vielen schönen Autos, Fahrräder und Motorroller malerisch unter den schattenspendenden Bäume der Lichtentaler Allee bis hin zum Kurpark, durchsetzt von Ständen, an denen man sich bei Bratwurst, Steak und Bier, Softdrinks oder Wasser stärken konnte, wobei man sich an dem tollen Schauspiel ergötzen konnte, das sich einem bot, wenn der Besitzer eines alten Lanz Bulldog mit Hilfe einer Lötlampe, diversen Fettpressen, Kurbeln und anderem Werkzeug versuchte, sein Ungetüm zum Laufen zu bringen. Meist vergingen etwa zwanzig Minuten, bis zu einer halben Stunde, bis der gewaltige Einzylinder Glühkopfmotor mit einem herzhaften “Kult!” und einer enormen, schwarzen Rußwolke aus dem himmelstrebenden Auspuffrohr zum Leben erwachte und dann mit gewaltigen Herzschlag und durchaus erderschütternd seine Arbeit aufnahm. “Kult!” “Kult!” “Kult!” Das war der Schlag, der Feld und Wald erzittern ließ, wenn der Land- und Forstwirt seiner Arbeit nachging!

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Citroen 11 CV mit aufgesatteltem Velo Solex – so etwas ist stilsicher, würde ich meinen; Foto: A. Ohlmeyer

Aber dieses Jahr? Nichts! Zuallererst mussten wir fest stellen, dass sich die Fläche des Meetings offenbar deutlich reduziert hatte. Wir mussten bis zum Kurhaus marschieren, ehe wir die Kasse erreichten. Als wir uns eben noch wunderten, wieso wir statt der im letzten Jahr fälligen 12,- € pro Nase (und womöglich dieses Jahr mit einem Aufschlag von ein oder zwei Euro wegen der Teuerung) nur 10,- € je Person berappen mussten, wurde uns schon kurz darauf klar, warum das wohl so war. Wir traten unter dem Schirm, der den Kassentisch vor allzu heftiger Sonneneinstrahlung schützte, hinaus auf die Wiese neben dem Kurhaus und wurden geblendet vom Glanz der chrombeladenen Schlitten aus vergangenen Zeiten. Das Ganze vollkommen ungeschützt unter den brutal brennenden Strahlen der hochsommerlichen Sonne, die gnadenlos vom Himmel brannte, als gäbe es kein Morgen. Kein Problem, dachte ich bei mir, wir laufen den ersten Getränkestand an und gönnen uns einen Eimer eiskalten Wassers und dazu, nach altem Brauch, eine leckere Bratwurst! Nur, da war kein Stand. Da war keine Wurstbude, da war kein Getränkestand, lediglich Zugang gab es zu den Gartenrestaurants der bekannt günstigen Baden-Badener Nobelschuppen, wo man für schon um die 20,- € ein feines, aber frugales Mahl bekommen kann!

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Schönheit in Rot mit neckischer Kühlerfigur; Foto: A. Ohlmeyer

Zwar war auch der sonst übliche Sponsor, die Brauerei Hoepfner nirgends zu erblicken, die sonst immer recht großzügig an die teilnehmenden Oldtimerbesitzer ein paar Sechserpackungen ihres Biers verschenkte, aber dafür gab es so gut wie keines der bei mir und vermutlich auch etlichen anderen Besuchern so beliebten “Brot-und-Butter-Autos” aus den fünfziger und sechziger Jahren zu sehen. Was mein trübes Auge erblickte, war vorwiegend edelstes und teuerstes Blech, vorwiegend aber nicht nur aus der Vorkriegszeit. Sonst waren nur die schnellsten und teuersten Vertreter des Wirtschaftswunders zu betrachten. Der Charme früherer Jahre jedenfalls ist dahin und obwohl ich ein paar hundert Fotos gemacht habe, muss ich gestehen, dass “das” nicht mehr “mein” Oldtimermeeting war! Ich bin sehr enttäuscht und muss mir wirklich überlegen, ob ich im nächsten Jahr nochmal dort hin fahren möchte. Mit so einem noblen Mist, wie er dort geboten wurde, kann ich nichts anfangen. Besonders sind mir die champagnersaufenden Rolls Royce-Besatzungen aufgefallen, die zu Hauf vertreten waren. Ich werde mir wohl eine Veranstaltung suchen müssen, die mehr meinen Intentionen entspricht und meinem Geldbeutel. Wer dazu Vorschläge machen kann, auch noch für dieses Jahr, darf sich gerne bei mir melden!

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Edler Packard, schön anzuschauen, aber deutlich einge Klassen zu hoch angesiedelt für mich; Foto: A. Ohlmeyer

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Horch, was kommt von draußen rein…? Muss ein günstiger Gebrauchter sein! Dieses Mal schien sich lediglich der Geldadel auf dem Oldtimermeeting in Baden-Baden versammelt zu haben – warum auch immer…; Foto: A. Ohlmeyer