Freddy Quinn – Der Junge von St. Pauli

Einer der bekanntesten Künstler des Wirtschaftswunders war der Sänger und Schauspieler Freddy Quinn, der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst ein bewegtes und unstetes Leben geführt hatte, wie so viel andere Menschen auch in jener Zeit, die das Schicksal irgendwohin verschlagen hatte. 1931 in Wien geboren, war Freddy Quinn, der sehr sprachbegabt war, bereits kurz nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht in die USA gereist, um seinen Vater aufzusuchen, der sich in den USA niedergelassen hatte. Da der aber bereits 1943 nach einem Unfall verstorben war, schickte man ihn zurück nach Europa, wo er zunächst wieder in Wien lebte, aber bald darauf Südeuropa und Nordafrika bereiste. Er arbeitete als Zirkusartist und als Musiker und wurde im Jahr 1954 in Hamburg von Talentsuchern entdeckt.

1956 veröffentlichte er seine Schallplatte bei Polydor mit den Titeln “Sie hieß Mary Anne” auf der “A”-Seite und “Heimweh” auf der “B”-Seite. Diese “B”-Seite wurde sein erster Nummer-1-Hit in Deutschland. Bis 1966 hatte Freddy Quinn 9 weitere Titel auf Platz 1 der deutschen Hitparade gebracht darunter “Heimatlos”, “Der Legionär”, “Die Gitarre und das Meer”, “Unter fremden Sternen”, “La Paloma”, “Junge, komm bald wieder” und “100 Mann und ein Befehl”.

Freddy Quinn, La Guitarra Brasiliana, 7"Single, Polydor, Foto: A. Ohlmeyer

Freddy Quinn, La Guitarra Brasiliana, 7″-Single, Polydor, Foto: A. Ohlmeyer

Seine Lieder handelten meist von Fernweh, Heimweh, Sehnsucht, Einsamkeit und dergleichen. Damit kam er bei seinem Publikum sehr gut an, die noch Jahrzehnte an den Kriegserlebnissen und unter der Vertreibung aus der Heimat zu kauen hatten und seine melancholischen Stücke sehr schätzten. Daneben trat Freddy Quinn auch immer wieder in Filmen auf, in der Regel Musikfilmen, die nicht nur seinen Namen im Titel trugen, sondern ihm auch auf den Leib geschrieben waren. Darüber hinaus sang er das ein oder andere Liedchen dazu, was sich nicht schlecht auf die Plattenverkäufe ausgewirkt haben dürfte. Die Filme waren damals im Kino echte Kassenschlager, obwohl nicht nur die Story reichlich dünn war, sondern auch Freddy Quinns schauspielerisches Talent mit dem Charisma eines hölzernen Bengeles vergleichbar war. Jedenfalls nach meinen persönlichen Massstäben.

Freddy Quinn, Weit ist der Weg, 7"Single, Polydor, Foto: A. Ohlmeyer

Freddy Quinn, Weit ist der Weg, 7″-Single, Polydor, Foto: A. Ohlmeyer

Dennoch lässt es sich nicht verleugnen, dass Freddy Quinn damals als der Traum jeder potenziellen Schwiegermutter galt. Und auch die Mädels schmachteten dem Freddy hinterher. Soweit ich weiss, ist er zwar nie verheiratet gewesen, war aber mit seiner “Managerin” Lilli Blessmann liiert, bis diese 2008 starb.

Freddy Quinn, Unter fremden Sternen, 7"Single, Polydor, Foto: A. Ohlmeyer

Freddy Quinn, Unter fremden Sternen, 7″-Single, Polydor, Foto: A. Ohlmeyer

Natürlich war und bin auch ich bis heute ein Fan von Freddy Quinn und seinen Platten, besonders die frühen Singles, sind Prunkstücke meiner wachsenden Vinyl-Sammlung. Dafür bin ich auch gerne bereit den ein oder anderen Euro hin zu legen. UNd das muss man auch, wenn man Qualität bei knapp 60 Jahre alten Platten erwartet und nicht nur Rauschen aus der Box hören will.

Ich erinnere mich gut, wie ich damals immer vor dem alten Röhrenradio gesessen habe und der Musik lauschte. Wenn Freddy Quinn zu hören war, und das war recht oft, sang ich stets aus vollem Halse mit. Auch seine Filme ließ ich mir nicht entgehen…

  • 1958: Heimatlos
  • 1959: Freddy, die Gitarre und das Meer
  • 1959: Freddy unter fremden Sternen
  • 1960: Freddy und die Melodie der Nacht
  • 1960: Weit ist der Weg
  • 1961: Nur der Wind
  • 1961: Freddy und der Millionär
  • 1962: Freddy und das Lied der Südsee
  • 1963: Heimweh nach St. Pauli
  • 1964: Freddy und das Lied der Prärie
  • 1964: Freddy, Tiere, Sensationen

…um hier nur die bekanntesten zu nennen. Bisweilen laufen sie auch heute noch im Fernsehen und sind sicher immer noch gern gesehen von den älteren Semestern. Da spielt es auch keine Rolle, dass Freddy Quinn 2004 wegen Steuerhinterziehung zu 2 Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt wurde, die er vermutlich aus seiner Brieftasche bezahlt haben dürfte. Aber das macht ihn zu keinem schlechteren oder besseren Menschen, als die meisten anderen Angehörigen des Establishments, wo das Vorenthalten von Steuern zum guten Ton zählt und sicher nichts auch nur annähernd Ehrenrühriges wäre.

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